Wenn der Korruptillion dreimal klingelt

„Kassenärzte, die für die Verordnung von Arzneimitteln Geschenke von Pharma-Unternehmen entgegennehmen, machen sich nicht wegen Bestechlichkeit strafbar“ entschied der Bundesgerichtshof. Wer kein Amtsträger ist, kann auch nicht bestochen werden, so die Begründung. Ein Aufschrei gellt durch die Republik: Ärzte kriegen Kohle von Pharmaunternehmen? Verschreiben diese korrupten Pharmadealer dank Schmiere wirkfreie Medikamente anstelle wirksamer?

Die Boutique-Besitzerin, die an Tante Hertha ein tailliertes Designerkleidchen Größe 48 „sehr kleidsam“ findet, der Kellner, der einem Lehrling einen Chateau Blöff Du Pappe zum Schweinsbraten empfiehlt und der Immobilienmakler, der dem frisch verliebten Pärchen ein Innenstadt-Loft jenseits ihrer Einkommensmöglichkeiten aufschwätzt, die machen das doch alles nur aus Kundenliebe.

Banker, die von Fondsbetreibern Prämien kriegen, wenn sie geldanlagewilligen Kleinbürgern ein Feierabendrisiko mit Verlustgarantie bescheren und Versicherungsvertreter, die einen Rentner zur angemessenen Provision von einer Ausbildungsversicherung überzeugen, sind doch alle nur Geschäftsleute.

Die Politik ist stolz auf unser Gesundheitswesen das von den Kräften des Marktes geregelt werden soll. Pharma-, Krankenhaus- und Versicherungskonzerne dominieren den Handel zwischen Gesundheitsnachfrage und krankhaften Angeboten. Wir wollen ja keine staatlich garantierte Versorgung, sondern einen privatwirtschaftlichen Wettbewerb um den Patienten. Also Ärzte: weiter so, es gibt keinen Grund sich zurückzuhalten. Holt Euch die Kohle und verschreibt à la Versicherungs-Karte.

Aber aufgemerkt, Tante Hertha, Lehrling, Pärchen, Kleinbürger und Rentner! Ihr könnt Euch Boutique, Restaurant und Immobilie, Sparplan und Versicherung selber wählen und wenn ihr das Gefühl habt, dass Ihr beschissen werdet wählt die Korruptillione ab. Auch euren Arzt könnt Ihr selber wählen und je teurer die Praxis in Chrom und Glas glänzt, je teurer provokations- und inspirastionsfreie Edel-Kunstwerke im Designer Wartezimmer auf einem Sockel trohnen, je mehr „mein Name ist Anke Doofner-Tussi, ich bin heute für Sie da“ euch am Telefon oder vor Ort im engen Kleidchen beflirtet, je sonnengebräunter Euer Arzt einen Hausbesuch verweigert, da er mit seinem Porsche Cayenne nur so schwer einen Parkplatz findet, desto mehr fragt Euch, ob das Eure Wahl ist. Onkel Doktor war früher, aber nicht unbedingt schlecht. Das ist unser Urteil, Bundesgerichtshof.


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