Liebe in Zeiten von Corona

Meine Liebste,

ich muss schon sagen, die Corona Krise treibt mich in dieselbe. Es fehlt mir die Perspektive. Wenn der Wahnsinn wenigstens dafür gut wäre, dass wir umsatteln: Ich fürchte aber die Karawane zieht weiter, jetzt halt ohne Sattel, die Kamele bleiben aber die gleichen.

Drum bin ich mir sicher, am Ende steht statt Ökologie und Nach-haltigkeit
wieder Ökonomie und Vor-haltungen.

Vorhaltungen wird man machen, dass die Wirtschaft alles aufgegeben hat, alles, nur dass wir kleinen Wirtschaftswürmlinge zwar unwürdig aber dennoch überleben durften. Da ist es jetzt doch nicht mehr als Fug und Recht, wenn wir auf dem Opferstuhl des Kolonialwarenladens niederknien und fortan geloben: Ich will nicht mehr begehren Frau, Knecht, Magd, Vieh, noch alles, was mein war. Dein Auto, Dein Haus und Deinen Flachbildfernseher sollst Du sofort verschrotten und danach streben das alles von Deinen Sparstrumpf-Reserven gestützt von der vermeintlichen Sicherheit fremdverzockter Rentenansprüchen wieder neu zu kaufen.

So geht das Wachstumskarussell,
ganz nach oben, ganz ganz ganz schnell

Nur Wachstum und Wachstum und Wachstum und Wachstum bringt… Wachstum. Was außer wachsen sollte man denn sonst tun? Alles andere führt doch unweigerlich zur Schrumpfung. Das ist der Merksatz jeder hauptstädtischen Denkfabrik, jedes freimarktlichen Think Denks – weltweit. So holen sie aus, die krisenfesten Berater: Wer nicht mit mir wächst, der wächst gegen mich. Wer nicht mit mir wächst, der ist mein Schrumpf! Erst nach Covid, dann aber sicher, wird es endlich wieder opportun sein, groß anzugeben statt klein beizugeben.

Selbst wenn die Aktienkurse gar ins bodenlose fallen
die Rentenfonds der Alten schmelzen butterweich
bei den Pandemiegewinnlern werden trotzdem Korken knallen
Covid lässt die Alten sterben ganz egal ob arm, ob reich.

Die Rente ist sicher, sagte einst der Norbert Blüm im Malerkittel auf der Leiter an der Litfaßsäule. Der ist uns grad vorausgegangen auf der einzig ewigen Straße ohne Tempolimit. Und der Blüm hat, weise wie der Schäuble, immer noch recht. Wird nur genug gestorben langt’s mittelfristig sogar noch für eine Rentenerhöhung.

Übrigens: „Leben ist nicht alles“, ruft dem Blüm der Schäuble hinterher. Der rollt sich leicht! Wenn man den Höhepunkt schon überschritten hat und nur noch langsam talwärts geschäubelt wird, kann man die Entgegenkommenden Wanderer bekanntermaßen maximal motivieren, wenn man ihnen voll Inbrunst zuruft, dass der Gipfel eh der Mühe nicht Wert ist.

Leben ist nicht alles, aber alles was nicht lebt ist tot und höret: das ist in der Überlieferung des Schäuble die Sozialbindung der ausgelieferten Leibhaftigkeit.

Man wird sagen, wer den Blüm macht, ist ein wahrer Patriot und der Schäuble ist dessen jünger Ego.

Man wird sagen, dass es wichtiger ist, wenn statt einer Blumenwiese die Wirtschaft blüht.

Man wird sagen, dass man gegen den Klimawandel eh noch nie nix machen wollte,
da gibt es ja wohl keinen Grund, dass man das ausgerechnet jetzt tun sollte.

Die Fluggesellschaften haben zwar bewiesen, dass die Welt auch ohne sie läuft,
auch wenn Bodo auf dem Ballermann dann nicht mehr säuft.

Kalle will aber auf Malle
sein Geld verticken
und Weiland auf Thailand ein paar Kinder beschenken.

Alles wird wieder sein wie immer
in Klinik, Heim und Sterbezimmer
Statt über die Corona mit der Oma zetern
werden wir die Coronarien wieder alle durchkathetern.
Ein neues Knie beschwingt den Schritt
da kommt so ’ne Corona-Lunge nicht mehr mit.
Wie früher werden wir Tabletten fleißig fressen
das hatten wir zu Viruszeiten ganz vergessen.

Man wird dann sagen, dass man sich die kleinen Krankenhäuser, die jetzt endgültig ALLE massiv Defizit gemacht haben, nun endgültig nicht mehr leisten kann. Leisten wollen, wollte sie sich eh schon lange keiner mehr.

Die großen Kliniken werden dagegen erhalten bleiben aber schrumpfen müssen, weil auch sie zu viele Betten haben. So kann man auch sie – nach mehreren Schrumpfungszyklen klein genug – schließen und aus den Covideren Helden des Gesundheitswesens werden frisch gestorbene Märtyrer. Was mehr kann man sich wünschen? In Zukunft gibt’s dann Virologen pur, ohne den ganzen teuren Ärzte-, Pflege- und Hegekram. Drosten ohne Kosten.

Und wo bist Du, meine Liebste? Wirst Du mich noch kennen?
Wird uns Corona die Erinnerung verbrennen?
Ich vergesse nie, wie fein es war, Dir nah zu sein,
ich spür jetzt nur noch mich, bin mit mir ganz allein.
Jetzt wird hier nirgendwo geliebt, gedrückt
Corona hat uns voneinandgerückt.

Corona macht uns alle überreinlich,
Berührungen sind jetzt nur noch peinlich.

Doch hör mir zu,
wo Schnulze und Satire sich hier trafen,
brauch ich ein bisserl Ruh,
möcht‘ ich nicht mehr alleine lachen.
Doch ich sitz allein an meiner Tastatur
seh‘ mit Schreck auf meine Uhr
Ich träume sanft von Sternenstaub,
es sei nicht gut dass Mann alleine sei,
drum hatte Gott die Rippe mir geraubt,
zum Trost schnarch ich allein für zwei.

Liebe in Zeiten von Corona ist
wenn man in den Träumen noch Hoffnung hat.

Ich arbeite daran – für uns

Dein Michael

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