Bei Anruf Spott

Ach Franz-Josef, Deine Nachfolger sind Weichgeier und Dilettantisten. Da hat dieser Amateur-CSU-Pressesprecher Strepp beim ZDF einfach nur angerufen, um die Ausstrahlung eines Berichts über den SPD-Parteitag zu verhindern. Einen „dodlerdn Gimpl“ hätte man den früher in Bayern geheißen. Zu Deiner Zeit hätte es aber schon erst mal gar keinen Platz für Kameras bei irgendeinem SPD-Landesparteitag in Bayern gegeben, denn man hätte bestenfalls ein Hinterzimmer beim Dimpfelwirt in Oberviechtach anmieten können. Was nicht ist, hätte nicht ausgestrahlt werden können. Alleine die Tatsache, dass sich ein derartiger Landesfrevel, wie ein Parteitag der roten Bayerlandverräter in Nürnberg – ausgerechnet in der doch historisch hoch reputierten Stadt der Reichsparteitage – zugetragen hat, ist doch schon schlimm genug.

Und wenn zu Deiner Zeit so etwas gewesen wäre, dann hättest Du niemals telefoniert. Die Ausstrahlung eines unliebsamen Beitrags wäre zu Deiner Zeit durch Abschalten der Bayerischen Sender mit Aufschaltung des Musikantenstadels unterbunden worden. Im Zweifelsfalle hättest Du den Lerchenberg vorab von oberbayerischen Böllerschützen erstürmen, die Redaktionsräume von fränkischen Füssilieren besetzten, den Chefredakteur in der Isar ertränken und durch Florian Silbereisen (bzw. zu Deiner Zeit durch Karl Moik) ersetzen lassen. Dazu hätten die Tölzer Goaßlschnalzer aufmuckenden Redakteuren die Neunschwänzige gezeigt und erst dann Gnade gewährt, wenn die Aufmucker mehrfach und laut vernehmbar das aus der Fernsehwerbung bekannte Motto der Matrona-Bavariae „Ruf‘ mich an“ rezitiert hätten. Der Unions-dominierte ZDF-Fernsehrat, in dem die CSU-Mediatoren Niebler, Dobrindt und Traublinger sitzen, hätte sicher Verständnis gezeigt, wenn Bayern auf so bodenständig traditionelle Art dem potenziellen Landesverrat vorbeugt.

Dass hier nun ein bayerischer Ministerpräsident versucht, sich aus der Affäre zu ziehen und ungetadelt sagt, er habe seinen Sepp nicht beauftragt, wird Dir auf Deiner Wolke das Eine oder Andere Zefix-Hallelujah hervorgelockt haben. Da kräuselt sich die Resonanzdecke Deiner Harfe. Wo gehört er denn hin, so ein Ministerpräsident: davor, dahinter oder in die Affäre? Auch wenn Horst in Berlin schon eine solche hatte, ist das doch kein Grund ausgerechnet hier den Schwanz einzuziehen. Du, Franz-Josef, hättest – ganz der Rechte – Deinen Sepp entlassen, wenn er NICHT versucht hätte, Einfluss zu nehmen. Der hier wurde aber entlassen gerade weil er seinen Job getan hat. Wozu sonst hat mann denn seine Handlanger und Hinterfotzer. Die haben früher genau das getan, was Du wolltest und wenn das wirklich mal nicht so war oder Du die Anweisung versehentlich nicht gegeben hättest, dann hättest Du es uns nie wissen lassen, so sehr hättest Du Dich geschämt.

Traditionell dominierten in der Politik eigentlich Verdrängung, Erinnerungslücken und Verdrehung. „Was schert mich mein Geschwätz von gestern“-Adenauer im vertrauten Schulterschluss mit Flick-Parteifinanz-Vergesser Kohl und der „Ausstieg-nach-Verlängerung-Wendeatomphysikerin“-Merkel. Es scheint aber ein aktueller politischer Trend zu sein, zu gestehen nix getan zu haben und wie immer hat es uns der Amerikaner vorgemacht. „I never had Sex with this woman“-Billi wird getoppt vom „ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, mein Ehrenwort“-Bürschel. Aber man weiß ja, wo sowas hingeht: zuerst in die Schweiz und dann in die Badewanne. „Ich habe niemandem eine Anweisung gegeben, niemandem“-Seehofer versucht sich auf dem Feld dieser trendpolitischen Kernkompetenz des Nichtstuns und freut sich vielleicht schon auf einen Besuch bei den Schreiberschen Nummernkonten der CSU-Parteispenden. Die Badewanne wird einstweilen für Strepp oder Dobrindt eingelassen, denn Horst bevorzugt es andere einzuseifen, während er selbst sicherheitshalber warm duscht statt baden zu gehen.

Da loben wir uns den jüngst zu Dir in den Polit-Himmel aufgerückten Friedrich Zimmermann, den kongenialen Politiker, der zwar wegen Meineids verurteilt aber dennoch nie in Haft genommen wurde. Das sind die Vorbilder, die wir heute so vermissen. Einzig Guttenberg hat das Potenzial, da nachzurücken. Erst eine Doktorarbeit kaufen, dann den Kopf für die Plagiate des Ghostwriters hinhalten und schließlich dank Pomade doch wieder stinkfrei aus dem Sumpf glitschen, so dass Horst uns das Comeback avisiert und Monika, Deine Tochter, von einem der „begabtesten Politiker Deutschlands“ schwärmt. Begabung zu Lüge und Betrug ist eine politische Primärtugend, keiner hat das so gut beherrscht wie Du. Auf bayerisch formuliert heißt das kurz „ä Hund warst scho“.

ABER: Offensichtliche Lügen überdauern die Zeit länger als gelogene Scheinwahrheit. Wenn die CSU es also trotz der unseeligen Zeiten noch einmal ins Geschichtsbuch schaffen will, empfehlen wir dem doch so blassgesichtigen Seehofer, sich mit der Historie zu befassen. Du, Franz-Josef hattest immer ein lateinisches Zitat auf den Lippen („extra Bavariam nulla vita“), Horst der Minimalrhetorische könnte ja wenigstens mal ein Deutsches Polit-Zitat einflechten und zeitnah modifizieren: “ Niemand will hier eine Meinung beeinflussen, niemand“, dann wird’s auch was mit dem Nachruf.


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